Thứ Hai, 5 tháng 6, 2023

Kapitel 4: Teil der Tiefe - Morgendliche Dunkelheit

Niemand kann die Vergangenheit aufrechterhalten, um sie in die Gegenwart zurückzubringen.

Liebling! Nur die Vergangenheit hält sich automatisch aufrecht und hat eine enorme Macht. Sie versucht ständig, zurückzukehren und sich heimlich mit der Gegenwart zu verbinden, wie Verbrecher und Mittäter. In dunklen und düsteren Träumen taucht sie immer wieder auf. Auch wenn ich sie fürchte und vertreibe, wird sie trotzig aus der Dunkelheit des Unbewussten zurückkehren.

Meine Liebe! Ich möchte dir das sündigen Jenseits der Nacht erzählen.


*

Ich war Nils.

Ich war Robert.

Nicht. Im Dunkeln war ich eine andere Person, jemand ohne Namen.

Doch. Der Fünfjährige hatte aber einen Namen, einen anderen Namen.

Niemand dachte, dass dieser Fünfjährige die schreckliche Vergangenheit in Träumen bewahren könnte.

Sie waren wie verstreute Puzzleteile, die in einem unordentlichen Raum lagen. Es gab Zeiten, in denen plötzlich ein Puzzleteil auftauchte, das sich mit dem lückenhaften Bild verknüpfte. Aber dann, ein weiteres Puzzleteil des hängenden Bildes fiel in den alten Müllhaufen. Daher war das Rätsel des Gedächtnisses nie fest und vollständig. Im Laufe der Zeit sind auch Image und Farben nach und nach verblichen.

Die Rückkehr in die Vergangenheit war eine hoffnungslose und schmerzhafte Reise. Das wusste ich, aber es gab keine andere Wahl. Doch. Da war jemand, der mir helfen konnte, mir die Last abnehmen konnte. Aber er lehnte es skrupellos ab. Er hat ja alles abgelehnt. Eine Person, die das Leben immer gemieden und verleugnet hatte. Erst in Momenten, in denen sein Ego den schlampigen, nachlässigen Mann in ein scheußliches Monster verwandelte, wurde er wieder zum Leben erweckt.

Der Mann hatte einen harten Schlag. Der Schlag hatte mich meistens direkt auf die Wange getroffen und den Fünfjährigen zu Boden geworfen. Dann fluchte und schimpfte er immer lauter und lauter. Er nannte das Kind Thomas.

Ich sprach von John Gellert, der im Herbst 1980 wegen Mordes an meiner Mutter verurteilt wurde.

Als ich vierzehn war, freundete ich mich mit Ahmed im Fußballverein an. Er war ein großartiger Stürmer der Alemannia-Jugendmannschaft und träumte davon, Fußballprofi zu werden. Aber erst später wurde mir klar, dass sein Traum nicht aus seiner Liebe zum Fußball resultierte, sondern aus dem Wunsch, die Armut loszuwerden.

Er erzählte es mir im Dunkeln der heißen Sommernächte. Wir öffneten das Fenster des engen und stickigen Raumes. Die Hitze, der Staub, dröhnende Autos, schreiende Menschen und der Geruch von verfaultem Gemüse, Zwiebeln, Knoblauch, der Gestank von Urin, die Gewürze der türkischen Küche... Alles von außen strömte herein.

Wir lagen auf einem alten ausgefransten Teppich, der mit Essenskrümeln übersät war. Die elende Atmosphäre des Auslandsviertels Wedding störte mich nicht, es schien das Gegenteil zu sein. Ich würde dem bürgerlichen würdigen Familienhintergrund entfliehen, um an einen vertrauten Ort voller Unsicherheit zurückzukehren. Wir haben zusammen Bier getrunken und Sexfilme, Pornofilme und Horrorfilme geschaut. Der Mann wachte nachts mit einem scharfen Messer in der Hand auf. Er ging in jedes Zimmer, suchte und tötete seine Frau und seine Kinder. Seine Augen waren leblos und klar wie Kristall. Rotes Zimmer, rote Dunkelheit. Die Musik knarrte wie das Heulen einer Metallsäge. Ahmed flüsterte mir ins Ohr:

"Robert, man kann im Traum töten."

Ich brach auf dem Boden zusammen, als wäre es mir gerade ins Herz gestochen worden.

Mit vierzehn stellte ich fest, dass Moni nur eine Adoptivmutter war. Ich habe zufällig meine Krankenakte in Monis Büro gelesen. Fragmente des Puzzles bewegten sich plötzlich und verbanden sich. Das Bild der zerrissenen traurigen Erinnerung und Schrecken tauchte auf, die mich verblüffte. Ein fünfjähriges Kind namens Thomas fand morgens die Leiche seiner Mutter im Bett. Das Tomatenmesser durchbohrte ihre linke Brust. In der Mordnacht waren nur zwei Personen anwesend und das Gericht verurteilte John Gellert. Niemand dachte, dass ein Fünfjähriger seine Mutter töten könnte, außer einer. Es war Moni, Ärztin für Psychotherapie Psychoanalyse, Chefärztin der psychiatrischen Klinik. Sie glaubte nicht an die Schlussfolgerungen des Gerichts. Sie hat mich adoptiert, nicht aus Liebe zu einem Waisenkind. Ich war nur eine experimentelle Kreatur, ein Objekt der psychoanalytischen Forschung.

Eines Nachmittags vor Weihnachten las ich meine Akte in Monis Arbeitszimmer. Der geschlossene Raum im Keller war von der Außenwelt fast abgeschottet. Es war kalt und ruhig. Das Rauschen des Windes, des Seewassers und der Abendvögel wurden draußen gehalten. Es war nur das Rascheln von Papier zu hören. Ich blätterte die Papiere mit entsetzlichen Schmerzen und Angst durch.

Mit vierzehn konnte ich das Gelesene nicht ganz verstehen. Aber die häufig wiederholten Fragen, die Moni ordentlich in die Akte geschrieben hatte, weckten die dunklen Spuke in meinem Herzen. "Kann man im Traum töten?" Ich saß fassungslos im Zwielicht. Als das Licht auf der Lüftungsöffnung verschwommen war, hallte das Geräusch des sich drehenden Schlüssels aus der oberen Etage nach unten. Das war der Moment, in dem Moni aus dem Krankenhaus nach Hause kam. In Panik versteckte ich mich in einer Ecke des Kellers und lauschte nach jedem Schritt von Moni. Es war das Geräusch von High Heels, die langsam auf die Steintreppe klopften, die in den Keller hinunterführte. Moni arbeitete den ganzen Nachmittag im Keller. Ich saß in einer kalten dunklen Ecke und konnte nicht entkommen. Meine Glieder wurden taub vor Angst, Kälte und schrecklichen Besessenheit.

Wir saßen nebeneinander im stillen Raum, so nah, dass wir die Atemzüge des anderen hören könnten. Aus irgendeinem Grund saß Moni wie eine Statue am Tisch und machte die Heizung nicht an.

Ich saß zusammengerollt in der Ecke der mitten im Winter eiskalten Steinmauer, versuchte mir Plastiktüten und alte Zeitungen anzulegen. Mein Körper zitterte. Draußen war Moni mit dem großen schwarzen Schatten auf dem weißen Fliesenboden. Der Gedanke, sich ihrem messerscharfen Blick zu stellen und abwegige Fragen beantworten zu müssen, erschreckte mich zutiefst. Wenn ich damals den Mut gehabt hätte, herauszutreten und Moni zu sagen, dass ich das Dokument gelesen habe und dass es Vergangenheit war, wäre mein Leben vielleicht anders verlaufen. Mit vierzehn hatte ich nicht den Mut, meine Vergangenheit hinter mir zu lassen und vorwärts zugehen. Die schreckliche Angst hielt mich in dem kalten dunklen Keller zurück. Unbewusst schloss ich mich dem Schicksalsspiel an und Monis großer schwarzer Schatten bedeckte jeden Fluchtweg.

In dieser Nacht wurde ich krank und hatte sehr hohes Fieber. Schreckliche Kindheitsträume kehrten ins Chaos zurück. Ich trieb langsam in den Nebel der Erinnerung. Dieses Gefühl war sehr schmerzhaft. Ich war in einem Leichentuch erstickt - das Blut konnte nicht in meine Zellen gelangen - meine Nerven verkümmerten - meine Muskeln verrotteten - das Kind saß in dem schäbigen Zimmer - seine Mutter hat die Pizza auf den Tisch gestellt - sie wird gehen - jedes Mal als sie gehen wollte, stellte sie Pizza auf den Tisch - das Kind hat auf trockener Pizza und kaltem Wasser überlebt, bis seine Mutter zurückkam - sie sang glücklich - es hat  diese Lieder gehasst, die Tage allein im Zimmer mit der verschimmelten trockener Pizza gehasst - aber ich liebe dich - Mama, geh bitte nicht - nein, sie würde gehen - die Tür würde abgeschlossen werden - es sah seine Mutter schweigend an - sein Schrei hätte die Frau wütend gemacht - sie würde ihn mit der Peitsche schlagen - er saß im schmutzigen stinkenden Zimmer, aß Pizza und wartete - tagelang verging die Nacht langsam - sie kam nur betrunken zurück - ihr schwarzes Haar war schweißnass - ihr Atem roch nach Alkohol und sie sang glücklich - Mama, ich habe Durst - es ist schrecklich heiß - das Feuer verbrennt mich - ich habe Schmerzen, habe Angst und bin allein.

Ich brach in Tränen aus.

"Mama, ich möchte einen Hund haben."

"Ich kaufe dir einen Hund."

"Ich möchte, dass du nicht gehst. Bitte geh nicht."

"Ich bleibe bei dir. Nimm meine Hand."

Ich hielt panisch die Hand der Frau. Das Leichentuch dehnte sich aus. Die warme Luft kam in die Brust.

"Hier ist Mama, vertrau mir."

Ich vertraute der Hand meiner Mutter. Unter Tränen flüsterte ich:

"Mama, ich habe Angst vor den Männern, die über den Balkon klettern, ich habe Angst vor John, ich habe Angst vor den Schreien in deinem Zimmer."

"Und sonst? Wovor hast du noch Angst?"

"Ich weiß es nicht mehr."

"Doch, es weißt du. Ein Fünfjähriger weiß viel. Du bist ein kluges und gutes Kind."

"Ich habe Durst, das Feuer brennt mir die Kehle an."

"Okay, es wird Wasser geben. Wir werden zusammen Wasser trinken. Aber jetzt lass uns in diese dunkle Ecke schauen. Was siehst du, wovor hast du Angst?"

Die Stimme flüsterte leise in mein Ohr. Ich öffnete meine Augen. Das düstere Kerzenlicht warf eine schwarze Silhouette eines Mannes an die Wand. Der Mann der schrecklichen Alpträume. Sein großer schwarzer Schatten erschreckte mich.

Ich schrie vor Panik:

"Bitte schlag mich nicht."

"Ich werde dich nicht mehr schlagen. Ich kaufe dir einen Hund - wir gehen dorthin zurück - finden den Hund - im Schlafzimmer - in einer regnerischen Nacht."

"Das Schlafzimmer - in einer regnerischen Nacht."

"Du wachst auf - steigst aus dem Bett - John liegt betrunken in der Ecke des Flurs."

"Ich wach auf - steige aus dem Bett - John ist in der Ecke des Flurs."

"Du gehst im Dunkeln - findest das Schlafzimmer von Mama."

"Im Dunkeln - das Schlafzimmer - Mama."

"Messer scharf in der Hand - Mama liegt im Bett."

"Das scharfe Messer - Mama im Bett."

"Du gehst zur Bettkante - hebst das Messer."

Ich heulte vor Schmerz - nein, nein - das ist nicht richtig - ich kann nicht zurück - bitte lass mich in Ruhe. Der Schmerz kam wieder und brachte mich dazu, aufzustehen und wegzulaufen. Jemand drückte mich mit starker Hand auf das Bett. Die Seile waren fest um meine Hand- und Fußgelenke gebunden. Das Feuer hat meinen Körper verzehrt - Wasser, bitte Wasser. Ein Schluck Wasser lief mir die Kehle hinunter. Das Wasser war mit der Hitze des Feuers, mit dem bitteren Geschmack von Schwarzer Nachtschatten und Petunie. Ich stöhnte vor Schmerz und wurde dann schwächer. Das letzte Bild, das ich mit in die brennende Welt gebracht habe, war Moni. Sie zog meine Augenlider hoch und ließ die Kerze in meinen Augen leuchten. Ihr Gesicht war sehr nah gebeugt, ihr Atem auf meinem Gesicht. Es war heiß. Heiß.

"Schlaf, mein Sohn."

"Mama, ich hasse dich."

„Du willst mich umbringen, nicht wahr? Schließe deine Augen und mache es.“

 

 

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